Perfektionismus oder Zwangsstörung?

Wichtige Unterschiede und Warnsignale

Ein Beitrag von Dr. Richard Blokesch, Psychotherapeut in Wien und Online

In meiner psychotherapeutischen Praxis – sowohl vor Ort in Wien als auch online – begegne ich häufig Menschen, die sich fragen: „Bin ich einfach perfektionistisch – oder steckt mehr dahinter?“ Diese Frage ist nicht nur berechtigt, sondern auch wichtig. Denn zwischen einem hohen Anspruch an sich selbst und einer behandlungsbedürftigen Zwangsstörung besteht ein feiner, aber bedeutender Unterschied.

In diesem Beitrag möchte ich als Psychotherapeut aufzeigen, wie sich Perfektionismus und Zwangsstörung unterscheiden, wo sie sich überschneiden – und worauf Sie achten sollten, wenn Sie sich selbst oder Menschen in Ihrem Umfeld wiedererkennen.

 


 

Was ist Perfektionismus?

Perfektionismus beschreibt ein Persönlichkeitsmerkmal, das mit einem überhöhten Anspruch an sich selbst (und manchmal auch an andere) verbunden ist. Betroffene möchten Dinge „richtig“ machen, vermeiden Fehler um jeden Preis und investieren oft viel Zeit und Energie, um bestimmte Standards zu erreichen.

Nicht jeder Perfektionismus ist automatisch negativ – er kann auch mit Fleiß, Struktur und hoher Qualität einhergehen. Problematisch wird er dann, wenn er:

 

  • zu ständiger Selbstkritik führt („Ich genüge nie.“)
  • Entscheidungen lähmt („Es ist nie gut genug.“)
  • das Leben einschränkt („Ich kann nichts genießen, bevor alles perfekt ist.“)

 


Was ist eine Zwangsstörung?

Die Zwangsstörung ist eine psychische Erkrankung, die durch wiederkehrende, belastende Gedanken (Zwangsgedanken) und/oder zwanghafte Handlungen (Zwangsrituale) gekennzeichnet ist. Diese Rituale werden meist ausgeführt, um Angst oder ein drohendes Unheil abzuwenden.

 

Typische Merkmale:

 

  • Aufdringliche Gedanken, die Angst oder Ekel auslösen
  • Handlungen, die zur kurzfristigen Beruhigung dienen (z. B. Waschen, Kontrollieren, Ordnen)
  • Starkes Bedürfnis, bestimmte Rituale genau einzuhalten
  • Erheblicher Zeitaufwand und hoher Leidensdruck

 


 

Wo liegen die Unterschiede?

Hier sind einige zentrale Unterscheidungen zwischen Perfektionismus und Zwangsstörung:

  • Motivation
    • Perfektionismus: Wunsch, Dinge gut oder „richtig“ zu machen
    • Zwangsstörung: Angstvermeidung, Schutz vor gefürchtetem Ereignis

 

  • Erleben der Kontrolle
    • Perfektionismus: Das Verhalten wird bewusst gewählt und kontrolliert
    • Zwangsstörung: Die Gedanken/Handlungen wirken fremdgesteuert und quälend

 

  • Einsicht
    • Perfektionismus: Die Überzeugungen erscheinen meist logisch oder berechtigt
    • Zwangsstörung: Die Person weiß oft, dass ihr Verhalten irrational ist, fühlt sich aber gezwungen

 

  • Emotionale Reaktion
    • Perfektionismus: Stress, Frust, Versagensangst
    • Zwangsstörung: Angst, Panik, intensiver innerer Druck

 

  • Auswirkung auf den Alltag
    • Perfektionismus: Belastung, aber oft noch funktional
    • Zwangsstörung: Häufig massive Beeinträchtigung von Beruf, Alltag oder Beziehungen

 


 

Wann wird Perfektion zum Problem?

Perfektionistische Tendenzen sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet.

 

Achten Sie auf Warnsignale wie:

 

  • ständige Selbstzweifel trotz objektiv guter Leistung
  • das Gefühl, nie wirklich „fertig“ zu sein
  • extreme Angst vor Fehlern oder Kritik
  • Schwierigkeiten, Aufgaben abzugeben oder loszulassen
  • innerer Zwang, alles selbst kontrollieren zu müssen

 


 

Wichtige Warnsignale für eine Zwangsstörung

 

Folgende Punkte sollten aufmerksam machen:

 

  • Gedanken, die sich aufdrängen und nicht kontrollierbar sind
  • Rituale, die gegen den eigenen Willen wiederholt werden
  • Angst, dass ohne bestimmte Handlungen etwas Schlimmes passiert
  • Rückzug aus sozialen Aktivitäten, um Zwänge auszuleben
  • Scham oder Schuldgefühle wegen der eigenen Gedanken und Handlungen

 

Was hilft?

In der Therapie – insbesondere mit kognitiver Verhaltenstherapie – arbeiten wir gezielt daran, den inneren Druck zu verstehen und zu verändern. Dabei geht es nicht darum, weniger genau oder engagiert zu sein – sondern darum, wieder mehr innere Freiheit und Gelassenheit zu gewinnen.

Ich unterstütze Sie dabei:

  • selbstkritische Gedanken zu hinterfragen
  • den Unterschied zwischen gesundem Anspruch und Zwang zu erkennen
  • neue, realistische Maßstäbe zu entwickeln
  • das eigene Selbstwertgefühl zu stärken

 


 

Mein Fazit als Psychotherapeut

Perfektionismus und Zwangsstörungen haben zwar gewisse Ähnlichkeiten – doch der entscheidende Unterschied liegt in der Freiwilligkeit und im Leidensdruck. Während Perfektionismus oft als Teil der eigenen Identität empfunden wird, erleben Menschen mit Zwangsstörungen ihr Verhalten als belastend, wiederholend und unkontrollierbar.

Wenn Sie merken, dass Ihr Verhalten Sie zunehmend einengt oder erschöpft, lade ich Sie herzlich ein, hinzuschauen – in einem sicheren, verständnisvollen therapeutischen Rahmen.

 


 

Sie möchten Klarheit und Veränderung?

Gerne unterstütze ich Sie dabei – vor Ort in meiner Praxis in Wien oder ortsunabhängig per Online-Therapie.

 

Kontaktieren Sie mich für ein unverbindliches Erstgespräch:
📍 Fillgradergasse 12, 1060 Wien
📞 Tel: +43 676 967 12 70
📩 Mail: richard.blokesch@gmail.com

Ich freue mich darauf, Sie auf Ihrem Weg zu begleiten.
Ihr Dr. Richard Blokesch