Alkohol und Psyche: Warum wir trinken – und wie wir wieder frei werden
von Dr. Richard Blokesch, Psychotherapeut (Wien & Online)
Alkohol begleitet viele Menschen durch den Alltag. Er hilft, „abzuschalten“, lockert Gespräche, gehört zu Feierabendritualen oder Wochenendplänen. Doch was, wenn das Glas zur Gewohnheit wird? Wenn aus dem gelegentlichen Trinken eine regelmäßige Bewältigungsstrategie wird – unbemerkt, aber wirksam?
In meiner psychotherapeutischen Praxis begegnet mir dieses Thema häufig. Es geht selten um offensichtliche Abhängigkeit. Viel öfter geht es um ein diffuses Gefühl: „So will ich eigentlich nicht weitermachen.“
Alkohol wirkt – und verändert dabei unser inneres Gleichgewicht
Schon nach wenigen Minuten beeinflusst Alkohol zentrale neurobiologische Prozesse. Dabei stehen drei Botenstoffe im Zentrum:
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GABA, das dämpfende System: Wir werden ruhiger, Anspannung lässt nach.
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Dopamin, unser Belohnungssystem: Stimmung steigt, Hemmungen sinken.
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Glutamat, zuständig für Wachheit und Lernen, wird gebremst – das Denken verlangsamt sich.
Der Effekt: kurzfristig Erleichterung, langfristig eine schleichende Verschiebung des inneren Gleichgewichts. Der Körper reguliert gegen – Schlaf wird flacher, Stimmungen schwanken, Reizbarkeit nimmt zu. Und das „Glas zum Entspannen“ wird plötzlich zur Voraussetzung dafür, überhaupt noch zur Ruhe zu kommen.
Der stille Übergang: Von Gewohnheit zur inneren Abhängigkeit
Viele Menschen trinken nicht, „weil sie süchtig sind“, sondern weil sie sich anders nicht mehr entspannen können. Der Übergang ist schleichend. Typische Sätze, die ich höre, lauten:
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„Ohne Wein finde ich einfach keinen Schlaf.“
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„Ich freue mich den ganzen Tag auf mein Bier.“
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„Ich trinke nicht viel – aber es wäre schwer, ganz darauf zu verzichten.“
Solche Aussagen zeigen: Alkohol hat eine Funktion übernommen. Und genau hier beginnt die psychologische Relevanz – nicht erst bei einem „messbaren“ Konsumproblem.
Warum guter Wille oft nicht reicht
Alkohol ist kein rein körperliches Thema. Er erfüllt emotionale Aufgaben – dämpft Stress, überdeckt Einsamkeit, bietet scheinbare Kontrolle. Wer versucht, nur „weniger zu trinken“, ohne diese inneren Zusammenhänge zu verstehen, erlebt oft Frust oder Rückfälle.
Die zentrale Frage lautet nicht: „Wie viel darf ich trinken?“, sondern:
„Was ersetzt der Alkohol – und was fehlt mir ohne ihn?“
Therapeutische Ansätze: Veränderung beginnt innen
1. Funktionen erkennen
Was genau bewirkt Alkohol bei mir? Wann trinke ich – und in welcher Stimmung? Durch das Verstehen der psychologischen Funktion entsteht Klarheit, wo man ansetzen kann.
2. Alternativen entwickeln, die wirklich greifen
Nur „nichts trinken“ funktioniert selten. Stattdessen suchen wir gezielt nach Wegen, wie Entspannung, Belohnung oder sozialer Kontakt auch ohne Alkohol erlebbar werden.
3. Gedankenmuster verändern
„Ich brauche das“, „Ohne macht nichts mehr Spaß“, „Dann bin ich langweilig“ – solche Gedanken halten das alte Verhalten am Leben. Gemeinsam überprüfen wir diese Überzeugungen auf ihren
Wahrheitsgehalt und entwickeln eine innere Haltung, die trägt.
4. Neue Routinen etablieren
Verhalten ändert sich durch Wiederholung. Struktur, Bewegung, Atemübungen, soziale Impulse – das alles kann helfen, neue Gewohnheiten aufzubauen, die unabhängig machen.
5. Unterstützung nutzen – auch online
Veränderung gelingt leichter, wenn man nicht allein ist. Deshalb begleite ich meine Klient:innen auch online – diskret, flexibel, individuell.
Veränderung ist keine Frage der Disziplin – sondern der Tiefe
Ich erlebe in meiner Arbeit täglich: Menschen verändern sich, wenn sie verstehen, warum sie etwas tun – und wie es ihnen langfristig wirklich geht damit. Wer sich von Alkohol lösen will, braucht nicht nur Verzicht, sondern etwas, das das innere Vakuum füllt.
Es geht nicht darum, „nie wieder zu trinken“. Es geht darum, wieder zu sich zu finden. Klarer zu fühlen. Und mit sich selbst in Beziehung zu kommen – ohne Substanz dazwischen.
Wenn du etwas ändern willst
Du musst dafür nicht erst „ein Problem haben“. Es reicht, wenn du spürst, dass dein aktueller Umgang mit Alkohol nicht mehr zu deinem Leben passt.
Ob in Wien oder online – ich begleite dich gern auf deinem Weg zu mehr Klarheit, mehr innerer Freiheit und einem Leben, das du wieder bewusst gestalten kannst.
Dr. Richard Blokesch – Psychotherapie & Online-Beratung